18. Mai, 2016

by Max-Planck-Gesellschaft

Der amerikanische Braunkopfkuckuck legt seine Eier in die Nester anderer Vögel und überlässt seine Jungen den Pflegeeltern. Wenn die Wirtsvögel die Eier ablehnen, wird der Kuhstärling böse: Er zerstört das Nest und zwingt so die Opfer, in Zukunft seine Eier anzunehmen. Credit: 123RF/S. Byland

Der Braunkopf-Kuhstärling ist ein wahrer Albtraum für seine Wirte: Wenn sie die Eier des Brutparasiten aus dem Nest werfen, bestraft er sie mit der Zerstörung des gesamten Geleges. Forscher des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön und der Harvard University haben ein mathematisches Modell entworfen, um die Interaktion zwischen Vogelbrutparasiten und ihren Wirten zu analysieren. Die Modellrechnungen zeigen, dass Vögel die Eier eines Brutparasiten nur dann in ihr Nest aufnehmen, wenn sie durch Vergeltungsmaßnahmen des Eindringlings dazu gezwungen werden.

Die Mafia-Hypothese liefert eine Erklärung dafür, warum manche Wirtsvögel die Eier von Parasiten nicht aus ihren Nestern entfernen. Der Kuckuck legt seine Eier in die Nester anderer Vögel, um sich die Mühe zu ersparen, seine eigenen Jungen aufzuziehen. Einige parasitische Vogelarten wie der nordamerikanische Braunkopfkuhstärling (Molothrus ater) oder der europäische Tüpfelkuckuck (Clamator glandarius) plündern jedoch aus Rache die Nester ihrer Wirte, wenn diese ihre Eier nicht annehmen. Unter diesen Umständen ist es sinnvoll, dass die Wirtsvögel die zusätzliche Arbeit, die mit der Aufzucht der Kuckucke im Nest verbunden ist, in Kauf nehmen, um das Leben ihres eigenen Nachwuchses nicht zu gefährden.

Wirtsvögel können unterschiedlich auf Brutparasiten reagieren: Während einige die Eier anderer Vögel grundsätzlich akzeptieren, scheiden andere sie sofort aus. Wieder andere akzeptieren parasitäre Eier nur dann, wenn ihre Nester schon einmal geplündert worden sind. Welche dieser Verhaltensstrategien am erfolgreichsten ist, hängt von den vorherrschenden Umweltbedingungen ab und davon, wie häufig der Gegner in einer Population auftritt: Gibt es viele Mafia-Parasiten, lohnt es sich für die Wirte, die Parasiteneier ohne Widerstand zu akzeptieren. Wenn die Parasiten jedoch nicht zurückschlagen, sind Wirtsvögel im Vorteil, die die Kuckuckseier sofort aus ihren Nestern entfernen. Die Häufigkeit der verschiedenen Verhaltensstrategien schwankt also in regelmäßigen Zyklen.

Nicht alle Wissenschaftler unterstützen jedoch die Mafia-Hypothese. Es ist auch möglich, dass parasitische Vögel die Nester anderer Vögel plündern, damit die Wirte gezwungen werden, ein neues Gelege zu produzieren, in das sie dann ihre eigenen Eier zu einem für sie günstigen Zeitpunkt legen können. Dieses Verhalten, das als „Farming“ bezeichnet wird, ist in der Praxis nicht immer leicht von Vergeltungsmaßnahmen zu unterscheiden. Es ist daher nicht ganz klar, ob Vergeltung oder „Farming“ die bessere Strategie ist, um die Duldung der Parasiteneier durch die Wirtsvögel sicherzustellen.

Die Max-Planck-Forscher haben das Zusammenspiel von Farming und Vergeltung sowie bedingter und unbedingter Toleranz mit Hilfe eines Computermodells rekonstruiert. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirte Kuckuckseier in ihren Nestern nur dann tolerieren, wenn die Parasiten sie mit einer Strategie der Vergeltung bestrafen. „Im Gegensatz dazu führt das Farming-Verhalten – also das Plündern von reifen Gelegen, ohne dass die Wirte daraus lernen können – dazu, dass die Wirte die Parasiteneier ablehnen. In Abwesenheit von Mafia-Parasiten ist es für die Wirte sinnvoller, Kuckuckseier aus dem Nest zu werfen“, erklärt Maria Abou Chakra vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie.

Die Häufigkeit der vier Verhaltensweisen schwankt zyklisch in Abhängigkeit von den vorherrschenden Umweltbedingungen. Wirte und Parasiten stehen in einem ständigen evolutionären Wettlauf miteinander. Jede Strategie wird mit einer Gegenstrategie beantwortet. „In solchen Wirt-Parasit-Beziehungen gibt es kein optimales Verhalten. Keine der beiden Parteien kann die andere auf Dauer überlisten“, sagt Arne Traulsen, Direktor der Abteilung für Evolutionstheorie am Max-Planck-Institut in Plön.

Weitere Informationen: Maria Abou Chakra et al. Coevolutionary interactions between farmers and mafia induce host acceptance of avian brood parasites, Royal Society Open Science (2016). DOI: 10.1098/rsos.160036

Zeitschrifteninformationen: Royal Society Open Science

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